Echtzeitdaten und ihre Bedeutung – die Grundlagen
Systeme werden zunehmend intelligenter, vernetzter und autonomer. Die Digitalisierung ermöglicht hierbei nicht nur effizientere und transparentere Abläufe innerhalb eines Unternehmens, sondern über die gesamte horizontale wie vertikale Wertschöpfungskette hinweg. Die Verarbeitung und Erfassung sogenannter Echtzeitdaten spielt hierbei eine wichtige Rolle. In diesem ersten Teil unserer Blogserie zum Thema Echtzeitdaten befassen wir uns mit den Grundlagen und beantworten die Fragen: Was sind Echtzeitdaten, und wozu dienen sie?
Was ist Echtzeit?
Der Begriff Echtzeit (Englisch: realtime) besagt laut DIN ISO/IEC 2382, dass ein IT-System innerhalb eines vorgegebenen Zeitfensters reagieren muss.
„Unter Echtzeit versteht man den Betrieb eines Rechensystems, bei dem Programme zur Verarbeitung anfallender Daten ständig betriebsbereit sind, derart, dass die Verarbeitungsergebnisse innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne verfügbar sind. Die Daten können je nach Anwendungsfall nach einer zufälligen Verteilung oder zu vorherbestimmten Zeitpunkten anfallen.“[1]
Die Auswertung und Analyse dieser Daten unterstützt beispielsweise dabei, mehr Transparenz in die Abläufe zu bringen, die Planungssicherheit zu erhöhen oder mögliche Fehlerquellen rechtzeitig zu erkennen. Hierbei ist das Zeitfenster, in denen die Daten erfasst werden, nicht fest definiert und kann – je nach Anwendungsfall – von wenigen Millisekunden bis zu mehreren Stunden variieren.
Weiche, feste, harte Echtzeit (soft, firm, hard real-time)
Unterschieden wird hierbei nach der Rechtzeitigkeit, also dem Grad des Nutzens bzw. der Kritikalität, den eine Information nach Ablauf der als Echtzeit definierten Zeitspanne hat.
Weiche Echtzeit
Spricht man von weicher Echtzeit bedeutet dies, dass einem System eine bestimmte Zeitvorgabe für die Erfüllung einer definierten Aufgabe zugewiesen wird. Kann es diese nicht einhalten, läuft das System jedoch störungsfrei weiter.
- Weiche Echtzeitanforderungen liegen unter anderem bei Geschäftsprozessen vor, bei denen beispielsweise Produktinformationen zu Preis, Lieferzeit oder Verfügbarkeit, die in Datenbanken (sogenannten Product Information Management-Systemen PIM) gepflegt werden, in Echtzeit von angebundenen Systemen ausgelesen und für die Weiterverwendung bereitgestellt werden sollen. Für solch komplexe Integrationsszenarien kann die API-Integration viele Herausforderungen mit API-Real-Time-Prozessen lösen.
- Ein weiteres Beispiel für weiche Echtzeit findet man im Online-Banking. Hier darf der Zeitintervall für Zahlungsvorgänge vom Zahlungspflichtigen bis zur Gutschrift beim Zahlungsempfänger maximal zehn Sekunden betragen[2]. Wird dieser jedoch überschritten, hat dies keine Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des Systems an sich.
Die ISO 20022 Payment Integration für Echtzeitzahlungen ermöglicht Banken und ihren Kunden die Nutzung der Vorteile von Echtzeitzahlungen. - Auch der Bereich E-Invoicing – und hier insbesondere die Meldeprozesse an Steuerbehörden, die via Continuous Transaction Controls (CTC) erfolgen – unterliegt vermehrt Regelungen zur Echtzeit- oder echtzeitnahen Rechnungsübermittlung. „Always On“ wird zu einem der wichtigsten Trends der digitalen Steuererhebung.
Feste Echtzeit
Werden feste Echtzeiten definiert, darf der festgelegte Zeitintervall für die Datenübertragung nicht überschritten werden, sonst werden die Informationen nutzlos. Solange die Aufgabenfehler jedoch in angemessenem Abstand auftreten, überlebt ein System diese.
- Bei der Aufnahme (längerer) Videosequenzen müssen beispielsweise feste Echtzeitanforderungen erfüllt werden. Wenn die Videodaten nicht schnell genug auf dem Datenträger gespeichert werden, gehen evtl. Bilder verloren und das Video steht für viele Folgeanwendungen nicht zur Verfügung.
- Die Positionserkennung einer Autonavigation stellt auch feste Echtzeitanforderungen. Wenn z. B. während der Fahrt das Fahrzeug die Daten für die Positionserkennung zu spät liefert, sind diese meist wertlos, die möglicherweise falsche Route kann aber später korrigiert werden.
- Auch der Bereich des Monitoring von Montage- und Fertigungsprozessen mittels industrieller Datenintegration zählt zu den festen Echtzeitszenarien. Werden bei der Überwachung Montagefehler zu spät erfasst, kann dies zwar zu fehlerhaften Teilen führen, doch das Montagesystem selbst nimmt durch diese Fehlfunktion keinen Schaden.
Harte Echtzeit
Im Gegensatz zu den weichen und festen Echtzeiten lässt die harte Echtzeit keinerlei Spielraum hinsichtlich zeitlicher Abweichungen eines vorab definierten Funktionsintervalls. Überschreitungen haben extrem kritische Auswirkungen auf das System und unter Umständen auch den Anwender.
- Beispielsweise ist es essenziell, dass die Sensoren, die ein Airbag-System steuern, ihre Daten innerhalb von Millisekunden übertragen, damit der Airbag bei einer Kollision ausgelöst wird.
- Auch muss die Kernbrennstabsteuerung von Atomkraftwerken in harter Echtzeit funktionieren, um schwere und lebensgefährliche nukleare Störfälle zu vermeiden.
Egal ob weiche, feste oder harte Echtzeiten – die Reaktionen in einem Echtzeitsystem müssen jederzeit planbar sein und das System muss in der Lage sein, auf mehrere, gleichzeitig ablaufende Vorgänge zu reagieren. Zufälle und Störeinflüsse sollten ausgeschlossen werden, damit ein Echtzeitsystem zuverlässig und sicher funktionieren kann.
Echtzeitdaten erfassen
Um die Daten, die in Echtzeitszenarien generiert werden, auch nutzen, analysieren und interpretieren zu können, müssen sie logischerweise zuerst einmal erfasst werden. Dies erfolgt beispielsweise über einen Sensor. Dieser erfasst einen bestimmten Messwert und leitet ihn an ein angebundenes System weiter, wo er genutzt oder aggregiert wird. Nun muss dieser Wert für die Weiterverwendung in einem Format bereitgestellt werden, das sowohl maschinenlesbar als auch interpretierbar ist. Als bewährte Kommunikationsstandards in IoT und IIoT haben sich beispielsweise MQTT (Message Queuing Telemetry Transport) und OPC UA (Open Platform Communications United Architecture) erfolgreich entwickelt.
Echtzeitdaten – der Schlüssel zum Erfolg
Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen ermöglicht es, durch ein Netzwerk aller an der Wertschöpfung beteiligten Instanzen alle relevanten Informationen in Echtzeit bereitzustellen und aus diesen Daten immer den besten Wertschöpfungsprozess abzuleiten. Von der Idee zum Auftrag, über Entwicklung, Produktion und die Produktauslieferung an den Endkunden, bis hin zum Recycling inklusive zugehöriger Dienstleistungen, kann so ein dynamisches, sich in Echtzeit optimierendes und selbst organisierendes unternehmensübergreifendes Wertschöpfungsnetzwerk entstehen.
Für die meisten Unternehmen bedeutet die Umsetzung solcher Szenarien einen mehrjährigen Transformationsprozess, der letztendlich zu erheblichen Veränderungen der Wertschöpfung führen wird. In weiterführenden Blogs stellen wir Ihnen die Anwendungsszenarien in der horizontalen und vertikalen Wertschöpfungskette vor.
Die heutigen neuen Technologien und Dienste im Bereich der Echtzeitdatenerfassung und
-verarbeitung haben neue Möglichkeiten eröffnet und bieten großen Unternehmen und KMU die Möglichkeit, Wertschöpfungsketten zu optimieren und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. SEEBURGER meistert mit Ihnen den Wandel auf allen Ebenen Ihres Unternehmens: von der Strategie über die konkrete Umsetzung auf Prozess-, Maschinen- und Anlagenebene bis hin zur vollintegrierten digitalen Wertschöpfungskette.
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[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Echtzeit, abgerufen am 11.1.2022
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Echtzeit%C3%BCberweisung abgerufen am 14.1.2022
[3] Quelle: https://www.uni-koblenz-landau.de/de/koblenz/fb4/ist/AGZoebel/Lehre/sommer2016/SeminarASidA/C2/at_download/file
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Ein Beitrag von: Rolf Holicki
Rolf Holicki, Director Business Unit E-Invoicing, SAP&Web Prozesse, ist verantwortlich für die SAP-/WEB-Applikationen und Digitalisierungsexperte. Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrungen in den Bereichen E-Invoicing, SAP, Workflow und Geschäftsprozessautomatisierung. Rolf Holicki ist seit 2005 bei SEEBURGER.