? 2020 Vorteile und Herausforderungen von Echtzeitzahlungen
Financial Services Trends & Innovationen

Echtzeitzahlungen: Vorteile und Herausforderungen für 2020

| | Senior Vice President Strategic Product Management und Analyst Relations

Finanzdienstleistungsunternehmen weltweit haben sich die Priorität gesetzt, ihre Prozesse neu zu strukturieren, um sie zu beschleunigen und schlanker zu gestalten. Doch während einige Länder, darunter Indien, das kürzlich ein Rating von 5+ für sein Echtzeit-Zahlungssystem erhielt, oder Australien, Dänemark, Polen, Rumänien, Singapur und Schweden, die ein Rating von 4+ erhielten, bereits Sofort- oder Echtzeitzahlungen eingeführt haben[1], haben andere, wie die USA, den Prozess nur sehr schleppend übernommen. Zu verstehen, warum einige Länder Echtzeitzahlungen bereits eingeführt haben und andere nicht, ist so komplex wie der Zahlungsvorgang selbst. Warum sich also die Mühe machen? Laut einem kürzlich erschienenen Bericht von Deloitte „ermöglichen Echtzeitzahlungen Menschen, Unternehmen und Regierungen, Zahlungen schneller zu tätigen und sofort verfügbare Mittel zu verwenden.[2] Hört sich ganz einfach an, ist es aber nicht.

Bedarf nach schnelleren Zahlungsmöglichkeiten

Woher kommt der weltweite Bedarf nach schnelleren Zahlungsmöglichkeiten? Verbraucher erwarten heutzutage, dass sie Sofortüberweisungen tätigen können, wenn sie Ware kaufen, Dienstleistungen in Anspruch nehmen und Rechnungen ausstellen oder bezahlen. Für Unternehmen wiederum bedeutet sofortiger Zahlungseingang höhere Liquidität. So können sie leichter Kredite aufnehmen, große Investitionen tätigen und einen positiven Status bei ihren Lieferanten aufrechterhalten. Weitere Faktoren wie der technische Fortschritt erhöhen zusätzlich den Bedarf nach schnelleren Zahlungsmöglichkeiten. APIs beispielsweise ermöglichen es bankfremden Anwendungen von Drittanbietern wie Zelle, PayPal und Venmo, Sofortüberweisungen zwischen den Parteien zu tätigen. Das Open-Banking-Konzept, PSD2 und der universelle Wunsch, Papierschecks zu eliminieren, treiben Innovationen und die Beschleunigung von Zahlungsvorgängen zusätzlich voran.

Für das Finanzsystem bedeutet die schleppende Nicht-Echtzeit-Abwicklung von Zahlungen, dass Geld blockiert wird, so dass es während der Bearbeitung von Verbrauchern und Unternehmen nicht genutzt werden kann. Dies kann insbesondere in Ländern wie den USA, die immer noch Milliarden von Schecks pro Jahr ausstellen, eine beträchtliche Geldsumme sein (im Jahr 2016 betrug der durchschnittliche Tageswert der in Deutschland verarbeiteten Schecks beispielsweise 654 Mio. $)2. Würde dieses Geld freigegeben, bliebe es im Umlauf und würde genutzt, anstatt festzusitzen. Darüber hinaus sind die Kosten für die Scheckbearbeitung von $ 2,79 bzw. $ 1,95 pro Transaktion2 deutlich höher als bei elektronischen Zahlungen in Echtzeit.

Vorteile von Echtzeitzahlungen für Finanzinstitute

Echtzeitzahlungen und neue Zahlungsmodelle können:

  • das Verbraucherverhalten stimulieren und so Umsätze steigern,
  • Kosten für Zahlungsvorgänge reduzieren und den Kunden somit einen Mehrwert bieten,
  • neue Kundensegmente erschließen,
  • das Betrugsrisiko senken,
  • langfristige Kundenbeziehungen verbessern,
  • innovative neue Produktangebote schaffen, um den Marktanteil zu erhöhen.

Hierfür müssen Banken jedoch jederzeit Echtzeitzahlungen ermöglichen.

Echtzeitzahlungen verstehen

Die grundlegenden Vorgänge bei Echtzeitzahlungen sind laut Deloitte:

  • Autorisierung – Ausstellung einer Zahlungsbestätigung
  • Buchung – Gelder werden der Transaktion sofort zur Verfügung gestellt
  • Begleichung – sofortige Begleichung ausstehender Verpflichtungen zwischen Finanzinstitutionen
  • Bestätigung – der Zahlungsempfänger erhält die Geldmittel und der Zahlungspflichtige erhält eine Bestätigung der Transaktion

Alle vier Prozesse müssen sofort ablaufen, damit eine Zahlung in Echtzeit erfolgen kann. Es gibt bereits eine Vielzahl an Initiativen, die eine breite Nutzung vorantreiben. Von größeren Finanzinstitutionen in den USA wird für Echtzeitzahlungen das Real-Time Payments (RTP) System von The Clearing House (TCH) zur Verrechnung und Abwicklung von Zahlungen genutzt. Kunden angebundener Institutionen können innerhalb von Minuten Gelder an andere, ebenfalls an RTP angebundene Geschäftspartner überweisen. Der Abgleich erfolgt mehrmals täglich, wobei die Nutzung des RTP-Systems auf die angebundenen Institute beschränkt ist.

Die US-Notenbank kündigte nach vielen Überlegungen sowie Zuspruch von Politikern und Banken aller Größenordnungen an, dass ihr FedNowTM-Service, ein rund um die Uhr verfügbarer Echtzeit-Zahlungs- und Abwicklungsdienst, im Jahre 2023 oder 2024 eingeführt wird. Dies mag zwar für kleinere Banken von Vorteil sein, aber diejenigen, die bereits nahezu eine Milliarde Dollar in RTP investiert haben, könnten darin zumindest eine Konkurrenz, wenn nicht eine generelle Beeinträchtigung von Echtzeitzahlungen sehen.

In Asien sind der Immediate Payment Service (IMPS) und die Unified Payments Interface (UPI) in Indien, die Real-time Retail Payments Platform (RPP) in Malaysia, PromptPay in Thailand, Fast And Secure Transfers (FAST) in Singapur und Faster Payment System (FPS) in Hongkong einige Beispiele für Zahlungssysteme, die unter der Aufsicht der jeweiligen Finanzbehörden entwickelt wurden[3].

Wo auch immer in der Welt sie ihren Sitz haben, um Echtzeit-Zahlungsmanagement-Software oder -Systeme nutzen zu können, müssen die Banken ihre Backend-Systeme auf die Integration mit anderen Systemen vorbereiten. Für viele ist diese Art der Modernisierung bereits Teil der aktuellen Bemühungen um eine digitale Transformation und damit Teil eines viel größeren Gesamtkonzepts, das nicht über Nacht umgesetzt werden kann.

Auch, wenn viele erfolgreiche RTP-Lösungen erfolgreich waren, besteht weiterhin ein kritischer Mangel an einer einheitlichen, umfassenden Infrastruktur. Um diesen Mangel zu beheben, müssen die Länder ihre eigene nationale Infrastruktur mit einem erheblichen Kostenaufwand aufbauen – dieser kann zwischen 45,54 Millionen und 0,91 Milliarden Euro liegen.[4]

Fazit

Die Trends im Finanzverkehr von 2019 setzen sich weiterhin fort. Die meisten Finanzinstitute nutzen bereits Standards wie ISO 20022 zur Verbesserung der Transparenz und des globalen Austauschs. Andere Ziele wie das Ermöglichen von Open-Banking, um Produkte und Dienstleistungen entsprechend den Kundenwünschen zu erweitern, die Nutzung von APIs, um den globalen Zahlungsanforderungen gerecht zu werden und die Kundeninteressen zu bedienen, stehen weiterhin auf der Tagesordnung.


[1]“54 countries have activated real-time payment systems,” Finextra.com, September 19, 2019.

[2]Economic Impact of Real-time Payments,” Deloitte, July 2019.

[3]The Treasurer’s Guide to the New Payments Landscape in Asia,” bnpparibas.com October 2, 2019.

[4] Real-time payments in Asia: An opportunity for the entire financial ecosystem by Rama Sridhar, May 16, 2019

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Ulf Persson

Ein Beitrag von:

Als SVP Strategic Product Management and Analyst Relations, ist Ulf für das strategische Produktmanagement, das Produktmarketing, die globalen Analystenbeziehungen und die Führung in Bezug auf die SEEBURGER-Integrationstechnologie, -Plattform und -Integrationsdienste verantwortlich. Dazu gehören auch strategische Vertriebs- und Marketinginitiativen. Ulf arbeitet in verschiedenen vertikalen Branchen wie Finanzdienstleistungen/Zahlungsverkehr, Automobil, Logistik, Versorgungsunternehmen, Einzelhandel, Konsumgüterindustrie und Fertigung. Ulf verfügt über mehr als 30 Jahre globale Geschäfts- und Technologieerfahrung in den Bereichen Produkt- und Lösungsbereitstellung für Integrationstechnologien (EAI, EDI, B2B, MFT, API usw.), Analytik und Big Data, Cloud Services, digitale Transformation und verschiedene Brancheninitiativen. Bevor er im Oktober 2016 zu SEEBURGER kam, war er in verschiedenen globalen Führungspositionen bei internationalen Anbietern von Business-Integrationstechnologie und Cloud-Services tätig.