SEEBURGER-Forschungsprojekt zu künstlicher Intelligenz
Trends & Innovationen

Hochbegabung und Künstliche Intelligenz – Hector-Seminar und SEEBURGER

| | Content-Team, SEEBURGER
Hohe Intelligenz trifft auf künstliche Intelligenz in SEEBURGER-Forschungsprojekt

Wer freitagnachmittags in unsere Büros in Bretten kommt, könnte sich die Frage stellen, warum ein oder zwei der Mitarbeiter hier so jung aussehen. Ist es die tolle Arbeitsatmosphäre bei SEEBURGER? Haben die Menschen hier das Geheimnis der ewigen Jugend entdeckt? Die Antwort ist einfacher, aber nicht weniger spannend. Seit zwei Jahren arbeitet SEEBURGER mit dem Hector-Seminar zusammen, einem MINT-Projekt für begabte Schulkinder im Bundesland Baden-Württemberg.

Das Hector-Seminar ermittelt talentierte Schüler*innen im Alter von elf Jahren und bietet ihnen eine Reihe von außerschulischen Projekten, Aktivitäten und Wettbewerben in Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaften und Technik (MINT) an. Die Idee dahinter ist, dass es zwar oft zahlreiche Programme für Schüler mit Lernschwächen gibt, aber auch Hochbegabung geführt, unterstützt und in die richtigen Bahnen gelenkt werden muss. Eine der Möglichkeiten für ältere Schüler*innen ist dabei, Zeit in einem Unternehmen aus einer der MINT-Branchen zu verbringen.

Genau das ist es, was die sechzehnjährige Lena Meergraf, Schülerin am nahegelegenen Salzach-Gymnasium in Maulbronn, tut. Aber wie verbringt sie ihre Zeit bei SEEBURGER?

Wer seine eigenen Praktika mit Kaffeekochen und Ablage zugebracht hat, wird überrascht sein.

Auf Lenas Schreibtisch findet sich ein kleines Raspberry Pi. Das hat nichts mit Naschkatzen zu tun. Vielmehr handelt es sich dabei um eine kleine schwarze Box, kaum größer als eine Handfläche, die im Prinzip ein Mini-Computer ist. Im USB-Anschluss steckt ein Coral USB Accelerator, ein winziger Co-Prozessor auf einem USB-Dongle, der maschinelles Lernen mit hoher Geschwindigkeit ermöglicht. Außerdem gibt es noch ein Nvidia Jetson Nano Developer Kit, einen weiteren kleinen Computer, mit dem man gleichzeitig mehrere neuronale Netzwerke für KI-Aufgaben wie Bildklassifizierung, Objekterkennung, Segmentierung und Sprachverarbeitung ausführen kann. Dieses Set-up ist ein Beispiel für Edge Computing; ein Konzept, das im Internet der Dinge (IoT) immer mehr Anwendung findet.

Was ist Edge Computing?

Bei der Datenanalyse ist es meist sinnvoll, Daten zur tieferen Verarbeitung in eine Cloud oder ähnliches zu senden; vor allem, wenn Datenströme aus mehreren Quellen vorliegen. Unter Umständen können sie zunächst sogar in einen Data Lake einfließen. Manchmal ist es jedoch wünschenswert, den Prozessor direkt neben den Sensoren unterzubringen. Das ist besonders wichtig für Szenarien, die Echtzeitverarbeitung erfordern, wie zum Beispiel selbstfahrende oder halbautonome Autos. Wenn ein Sensor im Auto ein Hindernis erkennt, benötigt der Fahrer diese Information sofort.

Manchmal ist die Verbindung mit einem Netzwerk auch unpraktisch oder sogar unerwünscht, zum Beispiel bei besonders sensiblen Informationen. Edge Computing verringert die Distanz zwischen der Erfassung und der Verarbeitung von Daten und bietet eine gewisse Unabhängigkeit.

Was macht Lena mit dieser Ausrüstung?

Sie verwendet diese Mini-Computer und die Anwendung Jupyter Lab für ein Projekt zur künstlichen Intelligenz.

Ziel des Projekts ist es, mit verschiedenen Modellen des maschinellen Lernens zur Bilderkennung zu experimentieren. Maschinelles Lernen ist ein Teilbereich der künstlichen Intelligenz, bei dem eine Maschine mit genügend Input die Ausführung einer klar definierten Aufgabe übt und mit der Zeit besser wird. Mit der Hilfe von SEEBURGER-Forschungsleiter Dr. Johannes Strassner setzt Lena die maschinellen Lernmodelle an Live-Streams auf YouTube ein, oder auch mit Hilfe der Stereokamera, die sie ebenfalls in ihrer Ausrüstung hat.  Was können die Modelle erkennen? Wie kann sie die Modelle optimieren, um spezifische Informationen zu finden? Kann sie den Prozess automatisieren?

Wonach genau sucht sie? Nun, das hängt von Lena ab und davon, wo sie mit ihrem Projekt hinwill. Was können die maschinellen Lernmodelle lernen zu erkennen?

Wie kann man KI bei bewegten Bildern einsetzen?

Mit der richtigen Programmierung kann eine Maschine lernen, Menschen, Tiere, Objekte und Bewegungen in Bildern, Videos und Live-Streams zu erkennen.

Sie kann lernen, vorbeifahrende Fahrzeuge zu erkennen und zu zählen. Sie kann die Anzahl von Menschen an einem Ort zu einer bestimmten Zeit ermitteln. Sie kann darauf trainiert werden, Körperbewegungen und Gesten zu erkennen. Sie kann einfache Symbole und Nummern erkennen und Rückschlüsse daraus ziehen. Gerade heutzutage können Merkmale wie die Anzahl der Personen in einer Gruppe und der Abstand zwischen ihnen nützliche Informationen sein; ebenso wie die Fähigkeit zu erkennen, ob jemand eine Gesichtsmaske korrekt angelegt hat. Lena ist besonders an der Heatmap-Funktion interessiert, die zeigt, wann ein Ort besonders stark frequentiert ist.

Wie ist Lena zu einem KI-Projekt bei SEEBURGER gekommen?

Die begeisterte Flötistin hat sich schon immer für das Programmieren interessiert und durch das Hector-Seminar bereits erste Programmiererfahrungen in Java und C++ gesammelt. In einem der Hector-Seminare hat sie sogar einen Roboter gebaut und ihn in einem Rennen antreten lassen. Zugang zu diesem Projekt fand sie aber durch die Politik. Im Jahr 2020 nahm sie an einem Politik-Wettbewerb teil, in dem sie erörtern musste, ob künstliche Intelligenz eine Chance oder eine Bedrohung darstellt. Als sie das SEEBURGER-Projekt sah, ergriff sie sofort die Gelegenheit, praktische und technische Erfahrungen im Bereich künstliche Intelligenz zu sammeln.

Wie wird künstliche Intelligenz in der Wirtschaft eingesetzt?

Künstliche Intelligenz findet bereits viele Anwendungen in der Geschäftswelt. Sie wird verwendet, um eine Flut von Sensordaten im Rahmen der vorausschauenden Wartung zu analysieren, um Ausfallzeiten in Produktionsanlagen zu reduzieren. Die Verarbeitung von Natural Language, einem Teilbereich des Maschinenlernens, wird unter anderem dazu verwendet, eingehende E-Mails zu kategorisieren und sie an die richtige Person innerhalb eines Unternehmens zu senden. Internationale Unternehmen verwenden maschinelle Übersetzungen, um Produktdaten in ihren lokalen Webshops zu übersetzen. Firmen verwenden Datenanalysen, um Kundenprofile für effektivere Marketingkampagnen zu entwickeln – um nur einige Beispiele zu nennen. Eine Reihe von SEEBURGER-Kunden nutzt unsere Business Integration Suite (BIS) als All-in-One-Integrations-Plattform, um die für ihre künstliche Intelligenz benötigten Daten schnell und reibungslos zu bekommen.

Dr. Johannes Strassner von SEEBURGER ist schon lange fasziniert von den zunehmenden Möglichkeiten, welche die künstliche Intelligenz bietet. Vor drei Jahren hat er an einem Projekt mitgewirkt, das sich mit der Frage beschäftigte, was man mit der Masse der auf deutschen Autobahnen gesammelten Daten machen könnte. Neben dem Abruf von Sensordaten über eine API und deren Einspeisung in ein Machine-Learning-Modell mit Hilfe des SEEBURGER BIS hat er auch die Bilderkennung von Autobahnkameras untersucht. Als er von der potenziellen Zusammenarbeit mit dem Hector-Seminar hörte, fragte er sich, was schlaue junge Menschen mit dieser Technologie anstellen könnten.

Wann hat SEEBURGER begonnen, Forschungsprojekte anzubieten? 

Das erste Projekt wurde 2020-2021 auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie durchgeführt. Es war ein unglücklicher Anfang; die beiden Schüler nahmen per Videokonferenz von ihren Schlafzimmern aus teil. Auch für die brandneue Technologie war es eine Feuertaufe, die zu kreativen Lösungsansätzen führte, als das WLAN auf einem der selbstgebastelten Geräte ausfiel. Die Schüler meisterten ihre Aufgabe jedoch, die ganz im Zeichen von Corona steht. In ihrem Projekt haben sie künstliche Intelligenz in Live-Streams eingesetzt, um zu erkennen, ob Menschen 1,5 m Abstand einhalten und ihre Masken korrekt angelegt haben.

Was kommt als nächstes?  

Dr. Johannes Strassner arbeitet inzwischen auch an weiteren Forschungsprojekten zur Bilderkennung. Durch seine Erfahrungen mit dem Einsatz von Edge AI mit den Schülern des Hector-Seminars hatte er keine Berührungsängste, die Technologie auch in seinem aktuellen Forschungsprojekt zum Thema Smart Farming einzusetzen. Traktoren sind natürlich sehr mobil und auf weitläufigen Flächen aktiv, was die Verbindung mit einem Netzwerk oder einer Cloud unpraktisch macht. In vielen Fällen benötigen sie in Echtzeit verarbeitete Daten. Seine Erfahrungen als Mentor der Hector-Studenten bei der Analyse von Live-Streams sind außerdem in seine Lösung zu noch einem aktuellen Verkehrsplanungsproblem eingeflossen. Es steht zu hoffen, dass dies zu einem weiteren Forschungsprojekt mit der SEEBURGER BIS führen wird, das sich wiederum auf die von SEEBURGER angebotenen KI-Lösungen auswirken könnte.

In welche Richtung wird Lena mit ihrem Projekt gehen? Wird es ihr Interesse an einer Karriere im Umfeld der künstlichen Intelligenz wecken – oder sogar im Bereich Business Integration? Und wer wird bei unserem nächsten Hector-Projekt ab September 2022 dabei sein?

Details zum Projekt

Ziel des Projektes ist es, mit mehreren vorhandenen Maschinenlernen-Modellen zu experimentieren und damit ausgewählte Videostreams möglichst automatisch zu beschreiben.

Für die Durchführung des Projektes werden Einplatinenrechner von Nvidia und Google zur Verfügung gestellt (https://developer.nvidia.com/embedded/jetson-nano-developer-kit , https://coral.ai/products/accelerator).

Die Programmierung erfolgt mit Notebooks in der Webanwendung „JupyterLab“ (https://jupyter.org/ , https://colab.research.google.com).

Zunächst soll mit verschiedenen trainierten Maschinenlernen-Modellen in JupyterLab Erfahrung gesammelt werden. Hierbei können verschiedene Youtube-Livestreams sowie die Webcam und die Stereokamera der Einplatinenrechner verwendet werden.

Danach sollen ausgewählte Livestreams oder Bilder mit den Modellen möglichst automatisch beschrieben werden. Dies kann das Erkennen und Zählen von PKWs, LKWs, Personen, Tieren und Objekten enthalten. Was sind Gemeinsamkeiten und Unterschiede? Was ist gut zu erkennen, was nur schlecht? Kann man einzelne Gesichter und Körperstellungen erkennen? Gibt es Regelmäßigkeiten? Kann man Größen, Abstände, Geschwindigkeiten und Bewegungsrichtungen berechnen?

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Alexandra Pörner, Melissa Kuhnert

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Melissa und Alexandra bilden ein Drittel des Content-Teams bei SEEBURGER. Die gebürtige Britin Melissa und die studierte Germanistin Alexandra teilen die Leidenschaft für klare Kommunikation und die Vermittlung komplexer, aber faszinierender Technologiethemen in ihren jeweiligen Sprachen an Technikbegeisterte sowie ein breiteres Publikum. Sie übersetzen nicht nur gegenseitig ihre Texte, sondern arbeiten manchmal auch gemeinsam an mehrsprachigen Projekten wie diesem. Beide sind Bücherwürmer, die gerne reisen. Alexandra ist oft mit einer Kamera in der Hand anzutreffen, während Melissa die Feinheiten einer britischen Comedy-Sendung liebt.