? Integration industrieller Prozesse mit Fischertechnik-Demonstrator
IoT & Industry 4.0

Fischertechnik-Demonstrator veranschaulicht Integration industrieller Prozesse

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Fischertechnik-Demonstrator veranschaulicht Integration industrieller Prozesse

Im Gegensatz zu den meisten anderen Anwendungen hat Software zur Datenintegration oft keine intuitiv verständliche Oberfläche, sondern verrichtet weitgehend unsichtbar im Hintergrund ihre Aufgaben. Was für Experten zwar kein Problem darstellt, führt dennoch dazu, dass Personen, die keine solchen sind, schwerer Zugang zur Thematik finden. Bei der Integration industrieller Prozesse können Demonstratoren auf Basis von Fischertechnik oder Lego komplexe und abstrakte Konzepte vereinfacht veranschaulichen und sogar haptisch erfahrbar machen. Daraus ergeben sich mehrere interessante Vorteile, die in diesem Blog näher erläutert werden sollen.

Forschungsprojekt KoKoMo

Zum Einsatz kam dieser Ansatz auch im Forschungsprojekt KoKoMo, dessen Ergebnisse in einer Reihe von SEEBURGER Blog-Beiträgen vorgestellt wurden, die mit diesem Beitrag ihren Abschluss findet.

Demonstrator für kollaborative Montage

Besonders bei der kollaborativen Montage spielt die Mensch-Maschine-Schnittstelle eine besondere Rolle, sowohl im Hinblick auf die Hardware, als auch auf die Software. Mit einem vereinfachten Fischertechnik-Modell (siehe Abbildung 1) können elementare Bestandteile der Mensch-Roboter-Kollaboration anschaulich gezeigt werden. Der 2-Achs-Roboter mit pneumatischem Greifer kann Werkstücke (gelbe Zylinder) aus einem Vorrat zum Arbeitsplatz holen, sie während der Bearbeitung durch den Werker festhalten und anschließend zurücklegen. Einige Lichtschranken zur Lokalisierung der Werkstücke dienen als zu integrierende Sensoren. Die Schnittstelle zwischen Roboter und Werker ist auf ein Minimum reduziert und besteht aus einer Ampel, die den Zustand des Roboters anzeigt und einem Taster, mit dem der Werker das Ende seines Bearbeitungsschrittes quittiert. Gesteuert wird die Mini-Anlage von zwei Fischertechnik Robotics TXT Controllern, die hier die Rolle einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) (engl. Programmable Logic Controller, PLC) wie in einer echten industriellen Anlage übernehmen.

Elementare Bestandteile der Mensch-Roboter-Kollaboration mit einem vereinfachten Fischertechnik-Modell
Abbildung 1: Elementare Bestandteile der Mensch-Roboter-Kollaboration mit einem vereinfachten Fischertechnik-Modell

Integrations-Software auf OPC UA-Basis

Die Controller (siehe Abbildung 2) haben zahlreiche Schnittstellen einschließlich Bluetooth und Infrarot und auch die weitgehend offene Struktur des Systems auf Linux-Basis eröffnet viele Möglichkeiten. Da das Ziel des Aufbaus jedoch die Erprobung tatsächlicher industrieller Protokolle war, ist zusätzlich noch ein Raspberry Pi angebunden, der in Python geschriebene Roboterprogramme in Verbindung mit der Bibliothek „ftrobopy“ auf den Fischertechnik Robotics TXT Controllern zur Ausführung bringen kann.

Controller mit zahlreichen Schnittstellen einschließlich Bluetooth und Infrarot
Abbildung 2: Controller mit zahlreichen Schnittstellen einschließlich Bluetooth und Infrarot

Zentraler Bestandteil der Integrationslösung ist ein dazu auf Basis des Eclipse-Projekts Milo implementierter OPC-UA-Server. Im Ergebnis lässt sich die gesamte Miniatur-Anlage über OPC UA ansprechen und die Vorteile dieses Standards einschließlich der darin integrierten Sicherheitsmerkmale nutzen. Damit ist einerseits die lückenlose Anbindung an den Manufacturing Integration Bus garantiert, andererseits kann ein Monitoring direkt auf der Verbindung zum OPC UA-Server aufgebaut werden. Der Video-Stream der an der Fischertechnik-Anlage angebrachten Kamera kann ebenfalls zu Monitoring-Zwecken verwendet werden. Abbildung 3 gibt einen Überblick über die einfache Informationsarchitektur der Miniatur-Anlage.

Informationsarchitektur der Miniatur-Anlage für die kollaborative Montage auf Basis von OPC UA
Abbildung 3: Informationsarchitektur der Miniatur-Anlage für die kollaborative Montage auf Basis von OPC UA

Manufacturing Integration Bus und Monitoring

Mit ihrem OPC UA-Adapter übernimmt die SEEBURGER Business Integration Suite die Rolle des Manufacturing Integration Bus. Aus anderen Systemen im Unternehmen können ganz im Sinne der Industrie-4.0-Idee Arbeitsaufträge an die Anlage gesendet werden. In der anderen Richtung ist eine Überwachung und Auswertung des gesamten Zustands der Anlage in Nahezu-Echtzeit möglich, indem direkt oder indirekt auf den angebundenen OPC UA-Server zugegriffen wird. Welche Möglichkeiten sich dadurch bieten, beschreibt Artikel Industrielle Datenintegration – Aggregieruing und Logging industrieller Prozessdaten durch Integration heterogener Datenströme.

Nutzen und Anwendungsgebiete von Miniatur-Demonstratoren

Je früher ein technisches Problem bei der Entwicklung einer Anlage bekannt wird, desto geringer ist sein Einfluss auf das Gesamtprojekt. Neben Simulation und anderen Ansätzen kann auch der Aufbau von Miniatur-Demonstratoren wie dem hier vorgestellten dazu einen Beitrag leisten. Auch der Einsatz im Rahmen von Messen oder bei ähnlichen Gelegenheiten ist naheliegend. Von besonderem Interesse sind jedoch die Möglichkeiten in der Aus- und Weiterbildung, nicht nur im Studium oder für spezielle Trainings im Unternehmen. Vor dem Hintergrund von rund 80.000 offenen Ingenieurstellen in Deutschland können der Einsatz von Fischertechnik und Lego Robotik-Systemen Kinder und Jugendliche für Technik begeistern und letztlich auch einen ersten Zugang zu Fragen der Programmierung und Software-Entwicklung darstellen.

Übrigens: Der 12-jährige Sohn des Autors hat einen nicht unerheblichen Beitrag bei der iterativen Entwicklung des Fischertechnik-Demonstrators geleistet und dabei einigen Spaß gehabt.

Weitere Informationen

d1g1tal AGENDA No. 10 2019/2, Seite 18-21: Automatisierung, Steuerung und Industrie 4.0 entdecken in 9V und 24V

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Marcus Schneider

Ein Beitrag von:

Dr.-Ing. Marcus Schneider arbeitet im SEEBURGER Research an der Integration der umfangreichen Datenströme im Bereich IoT und Industrie 4.0 vom Shop Floor bis zum Top Floor, insbesondere auf Basis moderner Standards wie OPC UA. Er promovierte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) über das Informationsmanagement bei der kollaborativen Montage variantenreicher Produkte. Als Projektleiter im durch das BMBF geförderten Projekt KoKoMo (Kompetenz Kollaborative Montage) beschäftigte er sich mit der prototypischen Umsetzung von Integrationslösungen in mehreren Anwendungsfällen der Industriepartner auf Basis der SEEBURGER Business Integration Suite.