Kano-Modell: Anwendung - Teil 2 der SEEBURGER-Reihe
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Wie wendet man das Kano-Modell an?

| | Director Business Unit E-Invoicing/SAP&Web Prozesse, SEEBURGER
Das Kano-Modell – Die Kundenbefragung

Kano-Serie Teil 2 – Die Kundenbefragung.

Das Kano-Modell lässt sich besonders gut auf komplexe Produkte und Services anwenden. Es ist dabei jedoch ganz wesentlich, die für die unterschiedlichen Zielsetzungen und Situationen passende Technik zur Anforderungserhebung zu identifizieren und anzuwenden. Erfahren Sie, wie Sie eine Kundenbefragung nach der Kano-Methode vorbereiten und einen für den Nutzer einfachen, für den Initiator dabei sehr aussagekräftigen Fragebogen entwickeln.

Die Grundbegriffe zum Verständis des Kano-Modells werden in Teil 1 der Kano-Serie behandelt. In diesem Teil der erfahren Sie mehr zur konkreten Anwendung des Kano-Modells und Teil 3 der Kano-Serie geht im Detail auf die Möglichkeiten der Auswertung und Interpretation einer Kano-Befragung ein.

Das Kano-Modell ist ein konkretes Messverfahren, das einzelne Produkt- oder Servicefunktionen und Qualitätsattribute als Basis-, Leistungs- Begeisterungs-, Unerheblich- oder Rückweisungs-Merkmal klassifiziert und deren potenzielle Zufriedenheitswirkungen quantifiziert. Das Kano-Modell unterscheidet hierbei fünf Ebenen der Produkt- bzw. Service-Qualität, die wir in Teil 1 dieser Serie im Detail vorstellen. Diese sind:

  1. (M) Basis-Merkmale, selbstverständlich Eigenschaft (Must-be)
  2. (O) Leistungs-Merkmale, bewusste Eigenschaften (One-dimensional)
  3. (A) Begeisterungs-Merkmale, nutzenstiftende Merkmale (Attractive)
  4. (I) Unerhebliche Merkmale (Indifferent)
  5. (R) Rückweisungs-Merkmale (Reverse)

Anhand dieser Merkmale lässt sich das Kano-Modell besonders gut auf komplexe Produkte und Services anwenden. Wichtig ist dabei eine intensive Vorbereitung der Kundenbefragung, damit die Fragen möglichst präzise in das Schema des Kano-Modells eingepasst werden. Hierzu haben sich folgende vier aufeinander aufbauende Schritte bewährt:

Kano-Modell – die vier Schritte zur Vorbereitung der Kundenbefragung:

  1. Ermittlung aller relevanten Produkt- bzw. Serviceanforderungen
  2. Entwicklung eines Kano-Fragebogens
  3. Befragung des Zielmarktes mit dem Kano-Fragebogen
  4. Datenanalyse und Interpretation der Kano-Umfrageergebnisse

Schritt 1: Kano-Modell-Anforderungen ermitteln

Um kundenrelevante Merkmale zu ermitteln, werden zunächst alle Produkt- und Serviceeigenschaften wie Funktionalität, Flexibilität usw. zusammengestellt. Den besten Input erhält man aus Teams, die sich aus Mitarbeitern der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, dem Produktmanagement sowie Marketing und Vertrieb zusammensetzen. Im Team werden anschließend zwischen 20 und 100 Features von heute und morgen definiert und klassifiziert. Hierbei ist die Definition und Klassifizierung der unterschiedlichen Produktmerkmale stark abhängig vom Zielmarkt und kann in den seltensten Fällen auf alle Branchen oder Kundengruppen gleichermaßen angewendet werden. Kundengruppen haben oft unterschiedlichste Ansprüche. Ein bestimmtes Feature mag für eine Gruppe unverzichtbar sein, eine andere Gruppe erachtet dieses jedoch als vollkommen überflüssig. Deshalb ist die genaue Definition des Zielmarktes eine wichtige Grundvoraussetzung für die Ermittlung der Produktanforderungen mit der Kano-Methode.

Es gibt eine Vielzahl von Techniken zur Anforderungserhebung, die für verschiedene Zielsetzungen und Situationen unterschiedlich gut geeignet sind. Für das Kano-Projekt können daher mehrere Methoden zum Einsatz kommen, um herauszufinden, welche Produktanforderungen die Kundenerwartungen auf welcher Ebene erfüllen:

  • Basismerkmale
  • Analyse der Kundenbeschwerden zu ähnlichen Produkten
  • Befragung verlorener Kunden und Analyse verlorener Ausschreibungen
  • Leistungsmerkmale
  • Befragung (potentieller) Kunden und von Kunden der Konkurrenzanbieter
  • Analyse der Produktbeschreibungen ähnlicher Konkurrenzprodukte
  • Begeisterungsmerkmale
  • Befragung von Key Usern (besonders involvierte Kunden, die oft auch Ideen für Produktinnovationen haben)
  • Analyse der Erwähnungen von Begeisterungsmerkmalen in Social Media-Posts und –Kommentaren sowie Kommentare und Bewertungen auf Vergleichsportalen

Schritt 2: Kano-Modell-Fragebogen entwickeln

Kern der Kano-Befragung stellt die Gegenüberstellung eines Merkmals in jeweils einer funktionalen und einer dysfunktionalen Fragenformulierung dar. So wird beispielsweise für das Merkmal „Integrierte Dokumentation über Online-Hilfe“ zunächst gefragt, wie der Kunde es einschätzt, wenn das System eine integrierte Dokumentation über eine erweiterte Online-Hilfe besitzt. Im zweiten Schritt erfolgt dann die entgegengesetzte Frage, wie die Einschätzung bei Nicht-Vorhandensein dieser Funktion ausfällt:

Beispiel eines Kano-Fragebogens
Abbildung 2: Beispiel eines Kano-Fragebogens

Die besondere Art der Befragungstechnik des Kano-Modells ermöglicht dem Kunden, unterschiedliche Präferenzen für die Erfüllung einer bestimmten Produkteigenschaft (funktionale Frage) zum einen und für die NICHT-Erfüllung dieser Eigenschaft (disfunktionale Frage) zum anderen abgeben zu können. Die Gewichtung ist in fünf Kategorien aufgeteilt, die in Abbildung 2 in blau eingefärbt zu sehen sind.

Schritt 3: Kano-Modell-Kundenbefragung des Zielmarktes

Aufgrund der besonderen Fragetechnik mit funktionalen und dysfunktionalen Fragen sind Kano-Modell-Fragebögen vor allem bei komplexen Produkten und Services sehr umfangreich. Die immer gleiche und zunächst ungewöhnliche Fragestruktur führt außerdem zu einem hohen Ermüdungs- und Frustrationsrisiko beim Befragten. Um dennoch aussagekräftige Befragungsergebnisse zu erzielen, können Teilnahmeanreize (incentives) etwa in Form von Einkaufsgutscheinen oder Download-Angeboten eingesetzt werden.

Bei der Wahl der Befragungstechnik gilt es, die jeweiligen Vor- und Nachteile für die konkrete Situation gegeneinander abzuwägen:

Schriftlicher FragebogenStandardisiertes Interview
Vorteile
  • niedrige Kosten
  • automatisierte Online-Befragung möglich
  • sehr geringe Abbruchrate
  • Rückfragen möglich
Nachteile
  • Oft geringe Rücklaufquote
  • Beeinflussungsgefahr durch Interviewer

Schritt 4: Kano-Modell Analyse und Interpretation der Ergebnisse

Die Auswertung der Befragung erfolgt mit Hilfe eines statistischen Algorithmus, durch den für jede abgefragte Produkteigenschaft eine Klassifizierung in Basis-, Leistungs- Begeisterungs-, Unerhebliches- oder Rückweisungsmerkmal erfolgt. Am Markt sind eine Reihe von Software-Lösungen erhältlich, die die Kano-Fragebogenergebnisse interpretieren können. In unserem SEEBURGER Blog Kano – Statistische Auswertung und Interpretation gehen wir im Detail auf die Möglichkeiten der statischen Auswertungund Interpretation der Ergebnisse ein.

Fazit: Das Kano-Modell hilft, sich am tatsächlichen Bedarf des Marktes zu entwickeln

Firmen können es sich nicht mehr leisten, am Markt vorbei zu entwickeln. Es ist eine Sache, die Zielgruppe zu erreichen, aber eine ganz andere, sie mit den Dienstleistungen oder Produkten, dem Service, dem Image, der Außendarstellung und Transparenz zu begeistern. Eine Analyse bietet die Chance, die Kunden besser zu verstehen und somit Maßnahmen einzuleiten, um Markenbotschafter zu gewinnen und Kunden zu Fans zu machen.

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Rolf Holicki

Ein Beitrag von:

Rolf Holicki, Director Business Unit E-Invoicing, SAP&Web Prozesse, ist verantwortlich für die SAP-/WEB-Applikationen und Digitalisierungsexperte. Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrungen in den Bereichen E-Invoicing, SAP, Workflow und Geschäftsprozessautomatisierung. Rolf Holicki ist seit 2005 bei SEEBURGER.