Energiewende: Der Weg zur Digitalisierung
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Digitalisierung in der Energiewirtschaft Teil 1/3: Die Historie – Von der Liberalisierung zum Smart Meter

| | Senior Consultant - Business Unit Utilities, econtea GmbH
Digitalisierung der Energiewende

Die Energiewende, beginnend mit der Liberalisierung der Strommärkte über die Dezentralisierung von Versorgungsanlagen – weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energieträgern – und die dafür notwendige Flexibilisierung, stellt für alle Beteiligten eine Herausforderung dar. Stromangebot und –nachfrage sind zu steuern, neue technische Möglichkeiten werden umgesetzt und ausgelotet. Die Digitalisierung der Energiewirtschaft kann der Schlüssel zur Bewältigung der zuvor genannten Herausforderungen sein. Die neue Energiewelt bietet viele Chancen. Es entstehen zukunftsfähige Geschäftsmodelle. Die Möglichkeiten, die die Digitalisierung in der Energiewirtschaft bietet, sind vielfältig.

Diese Möglichkeiten betrachtet unser Gastautor Tobias Hevekerl, Senior Consultant der econtea GmbH, Berlin, in einer dreiteiligen Blogserie. Beginnend mit diesem Rückblick auf die Historie des Energiemarktes, wirft er in Teil zwei einen Blick auf neue Geschäftsmodelle und behandelt im dritten Teil die Chancen und Risiken der digitalen Transformation in der Energiewirtschaft sowie die Fragestellung nach den Ansätzen und Treibern der Digitalisierung. Außerdem erfahren Sie in diesem Teil, wie econtea und SEEBURGER die Digitalisierung von Energieversorgern vorantreiben und mit welchen konkreten Services und Lösungen unterstützen.

Im Laufe von gut 20 Jahren erlebte der Energiemarkt einschneidende Veränderungen, die im Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende von 2016 einen Höhepunkt erreichten.[1] Was ist auf dem Weg zur Digitalisierung in der Energiewirtschaft passiert und welche neuen Chancen sind daraus entstanden?
Im Folgenden erhalten Sie eine Zusammenfassung der Historie des Energiemarktes:

Die Entwicklung seit der Liberalisierung des Energiemarktes 1998

Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes

Bis 1998 war die Welt der deutschen Energieversorger eine gänzlich andere als heute: Jedes Unternehmen hatte sein abgegrenztes Versorgungsgebiet, im Monopol konnte nichts passieren. Kunden konnten nur von einem einzigen Anbieter Energie beziehen. Konkurrenz gab es allenfalls im Wärmemarkt, wo sich das Erdgas gegen Öl zu behaupten hatte.[2]

Im Jahr 1998 beschloss man die Liberalisierung der deutschen Energiemärkte mit der Energierechtsnovelle.[3] Damit wurden sowohl der Strom- als auch der Gasmarkt liberalisiert. Die Monopole wurden aufgebrochen und freier Wettbewerb wurde geschaffen. Der Markt wurde für eine Vielzahl von unterschiedlichen Anbietern geöffnet und Stromkunden können seitdem ihren Stromanbieter frei wählen. Gaskunden mussten jedoch noch bis 2007 warten, bis auch der Gasmarkt gänzlich geöffnet wurde.[4]

Atomausstieg – die Energiewende

Mit der Nuklearkatastrophe in Fukushima (Japan) im März 2011 wurde der Atomausstieg in Deutschland beschlossen.[5] Neu waren die Rufe nach einem Atomausstieg nicht (man denke an die Katastrophe von Tschernobyl 1986), aber mit dieser Katastrophe sah sich die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel gezwungen, zu handeln.

Renewables/Erneuerbare Energien

Mit dem Atomausstieg war klar, dass andere Energieträger den Energiebedarf decken müssen. Neben fossilen Brennstoffen (zum Beispiel Kohle) wurden nun die sogenannten erneuerbaren Energien (Sonnenkraft, Windkraft etc.) verstärkt gefördert. Nach der Liberalisierung des Strommarktes wurde im Jahr 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) eingeführt und seitdem in mehreren EEG-Novellen angepasst.[6] Damit war der Weg für freien Handel mit Strom geebnet und die Förderung von Photovoltaik und Windkraft beschlossen.

Erneuerbare Energien treiben die Digitalisierung in der Energiewirtschaft voran

Die Entscheidung der Regierung, erneuerbare Energien zu fördern, hatte massiven Einfluss auf die Digitalisierung in der Energiewirtschaft. Denn hierdurch wurden Technologien und Prozesse erforderlich, die eine intelligente und sichere Sammlung, Nutzung und Auswertung von Daten ermöglichen, die gleichzeitig die Grundlage für neue Versorgungskonzepte und Geschäftsmodelle bilden.

Smart Grid

Erneuerbare-Energien-Anlagen sind wesentlich kleiner und dezentraler. Zudem speisen Photovoltaikanlagen und Windenergieanlagen sehr schwankend Strom ins Netz ein, so dass die Stromproduktion wesentlich fluktuierender wird und eine größere Steuerung und Koordination erfordert. Die Digitalisierung bietet hier die Möglichkeit, Prozesse besser zu strukturieren, aufeinander abzustimmen und zu vereinfachen. Durch die gezielte Sammlung von Daten über Angebot und Nachfrage kann zudem die Stabilität des Netzes besser gesteuert werden. Effiziente Kraftwerke, die in der Lage sind, flexibel Strom zu produzieren, können bei Bedarf einspringen.

Hierfür ist allerdings ein Stromnetz erforderlich, das Regionen mit unterschiedlicher Erzeugung und Verbrauch intelligent vernetzt. Speicher mit verschiedenen Größen und Speicherzeiträumen ermöglichen eine flexible Anpassung der Versorgung der Stromverbraucher. Die Zukunft liegt in einem gesamtheitlichen Konzept, welches die Energieversorger und die Energieverbraucher smart miteinander verbindet. So können Energieverbraucher durch intelligente Steuerung auch Energieversorger sein, wie beispielsweise durch Elektromobilität, welche durch die Batterie als Speichermedium flexibel genutzt werden kann, oder durch Smart Home oder Smart Living, die es beispielsweise ermöglichen, Spül- und Waschmaschinen in den Randzeiten laufen zu lassen, in denen weniger Last auf dem Netz ist. Dazu mehr im zweiten Teil dieser Blogserie.

Der Zusammenschluss von einzelnen Einheiten über sogenannte intelligente Netze (Smart Grid), die die angeschlossenen Einheiten gezielt steuern und verbinden, um damit ein verlässliches System aus Angebot und Nachfrage zu schaffen, ist nur mit moderner Kommunikationstechnik denkbar.[7] Intelligente Netze ermöglichen es, Angebot und Nachfrage auszugleichen und somit Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Energiewende wäre ohne solch eine Vernetzung kaum denkbar.

Smart Meter

Einen ersten Schritt in Richtung digitale Transformation des Energiesystems stellt das im Sommer 2016 vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende dar. Der daraus resultierende Smart Meter Rollout[8] und die zunehmend intelligenten Stromnetze werden von wachsenden Mess- und Prozessdaten geprägt sein, die für Energieversorger nicht nur einen fundamentalen Strukturwandel bedeuten, sondern zugleich die Chance bieten, neue datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln und sich mittels innovativer Dienstleistungen am Markt neu zu positionieren.

gesetzlicher Zeitplan Smart Meter Rollout

Abbildung 1: gesetzlicher Zeitplan Smart Meter Rollout[9]

Intelligente Zähler (Smart Meter) und intelligente Netze können einerseits die Stromproduktion aus Erneuerbaren-Energien-Anlagen intelligent steuern und so fluktuierende erneuerbare Energiequellen, wie Wind und Sonne, ausgleichen.[10] Andererseits können sie den Stromverbrauch intelligent steuern und damit Lastspitzen abfedern. Denn im Gegensatz zu herkömmlichen Zählern, die einmal im Jahr abgelesen werden, können Smart Meter per Abruf den aktuellen Stromverbrauch bestimmen und somit den Stromversorgern ein wesentlich konkreteres Bild vom Stromverbrauch ihrer Kunden liefern. Damit können durch digitale Technologien Versorgungsengpässe verringert und das System stabil und flexibel gehalten werden. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, Tarife neu zu gestalten und somit Anreize zu setzen, Strom zu bestimmten Tages- und Nachtzeiten zu nutzen, weil dieser dann besonders günstig ist. Kunden können so von der präziseren Ermittlung der Lastprofile profitieren und gegebenenfalls sogar einen individuellen Tarif mit dem Stromversorger aushandeln.[11]

Der Einsatz von Smart Metern ist nur der Anfang und notwendig, um eine Vielzahl von neuen Geschäftsmodellen anzustoßen, die mit der Digitalisierung der Energiewirtschaft einhergehen. Erfahren Sie im zweiten Teil dieser Blogserie mehr zu möglichen neuen Geschäftsmodellen der Energiewirtschaft.

Für Unternehmen liegt die aktuelle Herausforderung darin, aus der Vielfalt an Möglichkeiten die für sie passenden Lösungen zu identifizieren und professionell umzusetzen.

Wie kann econtea helfen

Um die Chancen darzustellen, Geschäftsfelder aufzudecken und Risiken zu bewerten, bietet econtea Beratung in der Digitalisierung an.

Econtea unterstützt Unternehmen dabei, am Puls der Zeit zu bleiben, um die Zukunft mit modernen Prozessen und Lösungen aktiv mitzugestalten. Unser Portfolio umfasst:

  • Projekt- und Programm-Management
  • Digitale Transformation von Geschäftsmodellen
  • Digitalisierung von Prozessen
  • Prozessanalyse und Prozesskostenoptimierung

Beratung und Einführung von:

  • Cloud Services
  • Lösungen für elektronische Rechnungslegung (ZUGFeRD, XRechnung, Peppol und Weitere)
  • Middleware und Integrationslösungen
  • Neuartigen Technologien (Blockchain, DLT, NLP, RPA und andere)
  • Datenschutz, IT-Sicherheit und Digitale Ethik

Wie kann SEEBURGER helfen

SEEBURGER als Mutterkonzern der econtea steht seit nunmehr 35 Jahren für Business Integration und bietet smarte Lösungen neben diversen Branchenlösungen auch für die Energiewirtschaft an.

Profitieren Sie von umfassender technischer Beratung, vielseitigen Produkten, effizienten und flexiblen Softwarelösungen sowie zuverlässiger Unterstützung bei der Realisierung von zukunftsweisenden IT-Projekten. SEEBURGER hilft Ihnen dabei, die Chancen der digitalen Transformation optimal zu nutzen und Ihr Unternehmen in die vernetzte Zukunft zu führen.

Die Business Integration Suite (BIS) bildet die Grundlage aller SEEBURGER-Lösungen. Sie unterstützt auch Ihr Unternehmen dabei, flexibel, schnell und innovativ, auf die Anforderungen des digitalen Wandels zu reagieren. SEEBURGER-Kunden nutzen die Business Integration Suite (BIS) für:


[1] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende. (abgerufen am 13.09.2021).

[2] Vgl. EnBW: Geschichte der Liberalisierung (abgerufen am 13.09.2021).

[3] Vgl. Richtlinie 98/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt. (abgerufen am 13.09.2021).

[4] Vgl. Joachim Wieland: Rechtsprobleme der Gasnetzbewertung nach der Gasnetzentgeltverordnung. Peter Lang, 2008, ISBN 978-3-631-58542-9.

[5] Vgl. Referentenentwurf der Bundesregierung: Referentenentwurf für ein Achtzehntes Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes. (abgerufen am 13.09.2021).

[6] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz. (abgerufen am 13.09.2021).

[7] Vgl. Megatrend „Digitale Energiewende“: Chancen und Grenzen. (abgerufen am 13.09.2021).

[8] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Smart Meter: Intelligente Messsysteme für die Energiewende.  (abgerufen am 13.09.2021).

[9] Vgl. E.on: Smart Meter Pflicht: Stromzähler werden intelligent. (abgerufen am 13.09.2021)

[10] Vgl. Carsten Schultz, Julia Kroh und Heiner Lütjen: Innovationen in der Energiewirtschaft sind machbar! Innovationsmanagement als Erfolgsfaktor von Energieversorgern. (abgerufen am 13.09.2021).

[11] Vgl. Megatrend „Digitale Energiewende“: Chancen und Grenzen. (abgerufen am 13.09.2021).

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Tobias Hevekerl | econtea GmbH

Ein Beitrag von:

Tobias Hevekerl ist seit April 2016 bei der econtea GmbH tätig und unterstützt als Senior Consultant unsere Utilities Kunden in diversen Bereichen und Schnittstellenfunktionen in den Themenfeldern Projekt Management, Lastenhefterstellung, Prozessoptimierung, Proof of Concepts, Produkt- und Testmanagement. Dem SEEBURGER Produktmanagement gibt er fachlichen und technischen Input für unsere Trade Reporting Solution und das RRM+. Nach seiner Ausbildung als Industriekaufmann bei einem Energieversorger und anschließendem Studium der Wirtschaftsinformatik war Tobias Hevekerl ab 2007 für zwei Beratungshäuser tätig. Sein Fokus galt auch hier dem Bereich Utilities. Zum Ausgleich geht er gerne in die Natur zum Wandern, Joggen oder Fahrradfahren. Er liebt das Abenteuer und nimmt gerne jede Action mit. Seine sportliche Vielseitigkeit nutzt er beim Mountainbiken, Ski- oder Snowboard fahren (auch wenn er aus dem Norden Deutschlands kommt), Fußball spielen oder auch gerne im Klettersteig, beim Ziplining, Wallrunning oder im Hochseilgarten.