Digitaler Darwinismus | Die disruptiven Kräfte der digitalen Transformation
Trends & Innovationen

Digitaler Darwinismus Teil 1: Disruptive Innovationen treiben die digitale Transformation voran

| | Director Business Unit E-Invoicing/SAP&Web Prozesse, SEEBURGER
Seien Sie kein Dodo im Zeitalter des Digitalen Darwinismus

Sicher kennen Sie den Dodo. Wissen Sie auch, was ihm zugestoßen ist? Ganz einfach: Darwinismus. Denn als sich die Menschen auf Mauritius niederließen und Ratten, Katzen, Schweine und Affen mitbrachten, wurde der Dodo eine leichte Beute für Mensch und Tier. Er konnte sich nicht an die disruptiven Veränderungen in seiner Umgebung anpassen: In weniger als 200 Jahren nach seiner Entdeckung war dieser flugunfähige Vogel ausgestorben.

Dasselbe Prinzip lässt sich auf die Geschäftswelt des 21. Jahrhunderts übertragen: anpassen oder sterben. Allerdings bleiben uns längst keine 200 Jahre Zeit, um zu beobachten, wie sich die Dinge wohl entwickeln werden. Das Moore‘sche Gesetz besagt, dass sich die Verarbeitungsgeschwindigkeit von Computern alle zwei Jahre verdoppelt, was Ray Kurzweil in seinem Gesetz des sich beschleunigten Nutzens (law of accelerating returns) schrieb: „Wir werden im 21. Jahrhundert keine 100 Jahre Fortschritt erleben – es werden eher 20.000 Jahre Fortschritt sein.“[1]

Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung und der exponentiellen Zunahme disruptiver Innovationen ist es für das Überleben von Unternehmen unerlässlich zu verstehen, was genau digitaler Darwinismus eigentlich ist.

Was ist Darwinismus?

Darwinismus ist Charles Darwins Theorie der Evolution der Arten durch natürliche Selektion, die gemeinhin als „Überleben des Stärkeren“ zusammengefasst wird. Fast 50 Jahre bevor die digitale Transformation zum Modewort avancierte, fasste der Wirtschaftsprofessor Leon C. Megginson Darwins Theorie wie folgt zusammen: „Nicht die Stärksten oder die Intelligentesten werden überleben, sondern diejenigen, die am besten mit Veränderungen umgehen können.“[2]

Was ist digitaler Darwinismus?

Der digitale Darwinismus wendet die Theorie der natürlichen Selektion auf die Bewältigung des Wandels in der digitalen Wirtschaft an. Der Begriff „digitaler Darwinismus“ wurde 2011 von dem Digital Analyst Brian Solis in der Washington Post populär gemacht: „Digitaler Darwinismus ist die Evolution des Verbraucherverhaltens, wenn sich Gesellschaft und Technologie schneller entwickeln als die Fähigkeit einiger Unternehmen, sich anzupassen. Der Sinn der natürlichen Auslese ist, dass nur einige Unternehmen überleben werden.“[3]

Digitaler Darwinismus bedeutet, dass in der digitalen Wirtschaft der Stärkste überlebt – entweder er passt sich an disruptive Innovationen an und macht sich die neuen Technologien zu eigen, oder er wird vom Markt verdrängt.

Beispiele für digitalen Darwinismus aus der Vergangenheit

Schauen wir uns die folgenden technologischen Innovationen an, die ganze Produkte und deren Branchen überholt und ersetzt haben:

  • Mobiltelefone haben persönliche Festnetzanschlüsse, Telefonzellen und Pager ersetzt.
  • Digitale Musik und Streaming haben CDs ersetzt.
  • Die Digitalfotografie hat die Filmfotografie ersetzt.

Digitaler Darwinismus hat die Art und Weise unserer Kommunikation verändert

Mit der Einführung des ersten Mobiltelefons im Jahre 1973[4] wurden viele andere Telekommunikationsgeräte, wie beispielsweise Münztelefone, schnell zu gefährdeten Kommunikationsformen. Wann haben Sie das letzte Mal einen Euro gebraucht, um in einem der gelben Telefonhäuschen zu telefonieren? Oder waren es doch eher noch Pfennige? In der Tat findet man die gelben oder magentafarben Zellen heutzutage kaum mehr.

Mit der exponentiellen Entwicklung der Mobilfunktechnologie und immer neuartigerer Smartphones hat der digitale Darwinismus uns schließlich Computer im Handyformat beschert. Der Niedergang von Telefonzellen, Festnetzanschlüssen und Pagern steht in direktem Zusammenhang mit dem Aufstieg der Smartphones: Im Februar 2022 besaßen 6,6 Milliarden Menschen ein Smartphone.[5]

Der digitale Darwinismus hat die Art und Weise verändert, wie wir Erinnerungen festhalten

Wie heißt es so schön: „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“. Genau deshalb können Fotos wunderbare Geschichten aus unserer Vergangenheit erzählen. Ursprünglich hielten wir unsere Erinnerungen an den ersten großen Ausflug oder an die ersten Schritte eines Babys auf physischen Fotos fest. Heutzutage werden unsere Erinnerungen in digitaler Form festgehalten, die den traditionellen Film ersetzen.

Im Jahr 1975 erfand Kodak die erste Digitalkamera und hielt gleichzeitig 90 Prozent des Filmmarktes. Das Unternehmen hätte zu einem Pionier der Digitalfotografie werden können und zu allem, was die Branche seit der Integration von Smartphone- und Kameratechnologie heute umfasst. Kodak war jedoch skeptisch, was die Umstellung seines Geschäftsmodells anging, und sah in der Digitalfotografie eine Bedrohung für seinen 90-prozentigen Marktanteil bei der Filmfotografie.[6] Das Unternehmen verlor seine Marktführerschaft, weil es den Anschluss an die digitale Entwicklung verpasste.

Digitaler Darwinismus veränderte die Art und Weise, wie wir Musik erleben

Erst wurde die 8-Spur-Kassette durch Kassettenbänder ersetzt, dann kam die CD – all diese Veränderungen verliefen parallel zum schrittweisen Siegeszug des Online-Shoppings und dem Niedergang der trendigen Shops in den Innenstädten, wo früher Trendsetter ihre angesagten Klamotten, Accessoires und eben auch ihre Musik kauften. Zwar erlebt Vinyl in den letzten Jahren einen Wiederaufschwung,[7] doch neue Musik im Plattenladen in der Stadt zu kaufen und anzuhören war schon lange out, bevor Social Distancing den Einzelhändlern zu schaffen machte.[8]

Der digitale Darwinismus hat die Musikindustrie kontinuierlich verändert und physische Medien überflüssig gemacht. Letztlich haben MP3s und digitale Streamingdienste die CDs ersetzt: Wer braucht schon ein Mixtape, wenn man seine Spotify-Playlist mit Freunden teilen kann? Zudem verfügen neuere Autos über Satellitenradiodienste und Smartphone-Verbindungen, die Kassetten- und CD-Player überflüssig gemacht haben. Doch Tower Records, das seine stationären Läden schloss und 2006 Konkurs anmeldete, hat sein Geschäft im Jahr 2020 online wiederbelebt.[9] Durch die digitale Transformation ist das Unternehmen aus der Asche toter Geschäftsmodelle auferstanden, um in der heutigen digitalen Musikwelt zu bestehen.

Beispiele des digitalen Darwinismus aus der Gegenwart

Die Technologie entwickelt sich ständig weiter und verändert die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, Informationen konsumieren und Geschäfte tätigen.

Digitaler Darwinismus verändert die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen

Von den Anfängen Hollywoods bis hin zu den letzten Neustarts der Superheldenfilme strömten Menschen in die Kinos, um ihre Lieblingsstars mit Freunden, Familien und Kollegen auf der Leinwand zu erleben. Der Kinobesuch war ein gesellschaftliches Ereignis: Man teilte Popcorn und Nachos und debattierte nach dem Film angeregt darüber, wie der Film „eigentlich“ hätte enden sollen. Ein Kino war auch ein beliebter Ort für erste Dates. Dennoch wurden die Kinos während der Pandemie zu Kollateralschäden. Während möglicherweise die Filmindustrie die Kinos gerade noch vor dem Aussterben bewahren kann, ist das Streaming von Filmen nicht mehr wegzudenken.

„Das Auf und Ab der Popularität von Streaming wird hauptsächlich durch das Auf und Ab der Pandemie bestimmt“, sagte Paul Dergarabedian, Senior Media Analyst bei Comscore. „Das ist nicht nur eine Zwickmühle für die Studios, sondern auch für die Verbraucher, die hin- und hergerissen sind zwischen ihrem Wunsch, Blockbuster-Filme auf der großen Leinwand in ihrem örtlichen Kino oder doch lieber ganz bequem von der Couch zu Hause aus zu sehen.“[10] Unternehmen wie Netflix setzen auf den Wunsch der Menschen, zu Hause zu bleiben und Filme zu sehen. Ein Algorithmus für maschinelles Lernen spart Netflix zum Beispiel schätzungsweise eine Milliarde Dollar pro Jahr:[11] Indem es die Kundenabwanderung durch personalisierte Empfehlungen verringert, nutzt Netflix innovative Technologien, um im Bereich der Film-Streaming-Dienste führend zu sein.

Digitaler Darwinismus verändert die Art und Weise, wie wir Informationen konsumieren

Lesen Sie noch jeden Morgen am Frühstückstisch eine echte Papierzeitung? Obwohl Sie sich dabei die Hände mit Druckerschwärze beschmutzen und bei jedem Umblättern riskieren, die Kaffeetasse umzustoßen? Wohl wissend, dass ein Großteil der Informationen beim Lesen bereits Schnee von gestern sind? Auch diese schöne Gewohnheit ist vom Aussterben bedroht. Das Internet und die sozialen Medien haben die Art und Weise, wie wir lokale und weltweite Nachrichten, Unterhaltungsberichte und tägliche Sportstatistiken erhalten, für immer verändert.

Obwohl viele Zeitungen ihre physische Präsenz um eine digitale Existenz ergänzt haben, kämpfen einige dennoch seit über einem Jahrzehnt gegen das Aussterben,[12] weil sie mit Anzeigen auf der Website einfach nicht so viel Geld verdienen wie mit Printanzeigen. Heute besitzen 83,89 % der Weltbevölkerung ein Smartphone, während es im Jahr 2016 nur 49,40 % waren.[13] Mit anderen Worten: In nur sechs Jahren ist die Zahl der Smartphone-Besitzer um fast 35 % gestiegen, was bedeutet, dass immer mehr Menschen täglich Informationen und Nachrichten über ihre mobilen Geräte konsumieren.

Digitaler Darwinismus verändert die Art und Weise, wie wir Geschäfte machen

Heutzutage werden Geschäfte überwiegend in der Cloud abgewickelt, da sich Unternehmen auf Digitalisierung, digitale Transformation und Cloud-First-Strategien konzentrieren. Mit Cloud-Computing können Unternehmen Kosteneffizienz, Flexibilität, hohe Skalierbarkeit und ein hohes Maß an Sicherheit erreichen, ohne einen einzigen Server zu besitzen. Im Jahr 2020 waren 31 % der Unternehmen darauf angewiesen, ihre Geschäfte in der Public Cloud abzuwickeln, und bis 2024 wird die Nutzung von Enterprise-Cloud-Plattformen um fast 15 % steigen.[14] In dem Maße, wie sich die Geschäftswelt in die Cloud verlagert, steigt auch die Nachfrage nach cloudbasierten Diensten wie Integration Platform as a Service (iPaaS). So halten Sie beispielsweise mit der iPaaS-Technologie die Business-Continuity aufrecht. Sie ermöglicht es nämlich unter anderem, die Infrastrukturen in die öffentliche Cloud zu verlagern, die für kostspielige Störungen anfällig sind.

Seien Sie kein Dodo im Zeitalter des digitalen Darwinismus

Der digitale Darwinismus fordert die Geschäftswelt ständig heraus. Die Beispiele von Produkten und Geschäftsmodellen, die vom Markt verschwunden sind, weil sich die Unternehmen nicht an das Tempo der disruptiven Innovationen angepasst haben oder nicht anpassen konnten, zeigen dies deutlich.

Im zweiten Teil unserer Blogserie zum Themenblock digitaler Darwinismus werden wir untersuchen, wie Unternehmen, die sich durch digitale Transformation schnell an disruptive Innovationen und sich entwickelnde Technologien anpassen, in der wettbewerbsorientierten digitalen Wirtschaft überleben können.

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Die Business Integration-Lösungen von SEEBURGER setzen sich aus unserer Technologie, unseren Spezialisten und unseren Services für die nahtlose Integration von Anwendungen, Daten und Geschäftsprozessen zusammen. Sie reichen von vorgefertigten Konnektoren und Self-Services und Lösungen für API-Management, EDI, E-Invoicing, IoT-Szenarien bis hin zu Managed-File-Transfer (MFT).   Beschleunigen Sie mit uns die digitale Transformation Ihres Unternehmens!


[1] “The Law of Accelerating Returns,” Ray Kurzweil, March 7, 2021.

[2] It Is Not the Strongest of the Species that Survives But the Most Adaptable – Quote Investigator

[3] Digital Darwinism and why brands die – The Washington Post

[4] The First Cell Phone Call Was Made 45 Years Ago (aarp.org)

[5] How Many People Have Smartphones Worldwide (Feb 2022) (bankmycell.com)

[6] The World’s first digital camera, introduced by the man who invented it – DIY Photography

[7] The insane resurgence of vinyl records (thehustle.co)

[8] Social Distancing Has Caused More Online Shopping. And Fraud. – (paymentsjournal.com)

[9] Iconic Tower Records Returns As Website Selling Vinyl, Cassettes, CDs – Deadline

[10] Movies returned to theaters in 2021. 2022 will prove if they’re back | CNN Business

[11] How Netflix Save $1 Billion a Year with AI? | by Factspan Analytics Inc. | Medium

[12] 4 Survival Strategies For Struggling Newspapers : NPR

[13] How Many People Have Smartphones Worldwide (Feb 2022) (bankmycell.com)

[14] How Many Companies Use Cloud Computing in 2022? All You Need To Know (techjury.net)

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Rolf Holicki

Ein Beitrag von:

Rolf Holicki, Director Business Unit E-Invoicing, SAP&Web Prozesse, ist verantwortlich für die SAP-/WEB-Applikationen und Digitalisierungsexperte. Er hat mehr als 25 Jahre Erfahrungen in den Bereichen E-Invoicing, SAP, Workflow und Geschäftsprozessautomatisierung. Rolf Holicki ist seit 2005 bei SEEBURGER.