B2B-E-Invoicing-Mandat in Belgien mit Peppol?
E-Invoicing

Belgien beabsichtigt die Einführung des B2B-E-Invoicing Mandats

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+++ Update vom 24. Januar 2024: Belgien führt elektronische B2B-Rechnungsstellung ab Januar 2026 verbindlich ein

Belgien unternimmt bedeutende Schritte zur Einführung eines obligatorischen strukturierten B2B-Systems für die elektronische Rechnungsstellung, das am 1. Januar 2026 in Betrieb genommen werden soll. Wie in mehreren wichtigen Ankündigungen hervorgehoben wird, spiegeln die jüngsten Entwicklungen das Engagement des Landes bei der Betrugsbekämpfung, der Verringerung der Mehrwertsteuerlücke und der Vereinfachung der Verwaltungsprozesse wider.

Verabschiedung der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs (8. Dezember 2023)

Der belgische Ministerrat hat in zweiter Sitzung einen Gesetzentwurf gebilligt, der die strukturierte elektronische Rechnungsstellung im B2B-Bereich ab dem 1. Januar 2026 vorschreibt. Das Gesetz, das derzeit auf die Unterschrift des Königs wartet, wird anschließend der Abgeordnetenkammer vorgelegt. Dieses Mandat wird insbesondere für in Belgien ansässige Unternehmen und lokale Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen gelten.

Initiative des Finanzministers Van Peteghem (29. September 2023)

Finanzminister Vincent Van Peteghem spielte eine entscheidende Rolle bei der Einigung im Ministerrat über die verpflichtende Einführung der digitalen Rechnungsstellung zwischen Unternehmen ab dem 1. Januar 2026. Mit diesem Schritt soll die Mehrwertsteuerlücke geschlossen und die Verwaltungsabläufe gestrafft werden. Minister Van Peteghem unterstreicht die Bedeutung eines gerechten Steuersystems, in dem jeder seinen erwarteten Anteil zahlt. Die Nutzung des Peppol-Netzes wird aufgrund seiner europaweiten Kompatibilität befürwortet, so dass die Steuerzahler die Flexibilität haben, alternative Systeme zu wählen, sofern sie den EU-Standards entsprechen.

Ein Paukenschlag anstatt der ursprünglich geplanten schrittweisen Umsetzung

Ursprünglich sah der Plan drei Phasen im Abstand von sechs Monaten vor, aber in den Angaben zum Inkrafttreten 2026 sind diese Phasen derzeit nicht aufgeführt. Stattdessen werden alle Bestimmungen dann als Paukenschlag in ihrer Gesamtheit am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Der Verordnungsentwurf sieht vor, das Peppol-BIS-Format als Hauptreferenz vorzuschreiben, wobei die strukturierten elektronischen Rechnungen systematisch über das standardmäßige 4-Ecken-Peppol-Netz versandt werden sollen. Belgien sieht ein langfristiges 5-Ecken-Peppol-Modell mit zeitnaher elektronischer Berichterstattung vor, das die jährlichen Berichte über die Kundenliste ersetzen soll. Ziel ist es, zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke beizutragen, die von der EU auf 4,8 Milliarden Euro jährlich geschätzt wird.

Peppol-basiertes System und Continuous Transaction Controlling?

Belgiens bevorzugter Ansatz ist ein zweistufiges System: eine auf Peppol basierende strukturierte elektronische Rechnungsstellung zwischen Steuerpflichtigen, auf die eine Continuous Transaction Control (CTC) mit den Steuerbehörden folgen soll. Die Synchronisierung mit den EU-Plänen zu ViDA (VAT in the Digital Age) sieht vor, bis 2030 – oder möglicherweise 2032 und später – über ein standardisiertes EU-System (EN 16931) für die elektronische Rechnungsstellung zu verfügen. Diese Angleichung an die EU-Normen gewährleistet Interpretierbarkeit und Konformität.

Kommunikation und Übergangszeitraum

Die belgische Regierung ist sich der Tragweite dieser Umstellung bewusst und plant zusammen mit dem Föderalen Öffentlichen Dienst Finanzen (Federal Public Service Finance (FPS Finance)) eine umfassende Informationskampagne während der langen Übergangszeit. Diese Initiative zielt darauf ab, alle Beteiligten, einschließlich der Unternehmen, über die mit der obligatorischen elektronischen Rechnungsstellung einhergehenden Veränderungen aufzuklären und zu begleiten.

Die Verpflichtung Belgiens zur elektronischen Rechnungsstellung ist ein wichtiger Schritt zur Angleichung an die EU-Standards, zur Erhöhung der Steuertransparenz und zur Rationalisierung der Finanzprozesse. Es wird erwartet, dass die Einführung der strukturierten elektronischen Rechnungsstellung einen wesentlichen Beitrag zur Verringerung der Mehrwertsteuerlücke und zur Förderung der Fairness im Steuersystem leisten wird. In Belgien tätige Unternehmen werden dringend gebeten, sich auf dem Laufenden zu halten und sich auf die bevorstehenden Änderungen vorzubereiten, da das Land auf dem Weg zu seinem Mandat für 2026 voranschreitet.

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Geht nun Belgien als nächstes Land in Europa an den Start zum Wettlauf in Richtung Continuous Transaction Controls (CTC)? Spanien, Portugal und Italien hatten vor einigen Jahren schon diesen CTC-Run begonnen – entweder mit einer E-Invoicing-Pflicht über ein zentrales Austauschsystem zwischen Unternehmen (B2B) oder die elektronische Echtzeit-Mehrwertsteuerberichterstattung. Danach hatten sich Frankreich, Polen und Serbien warmgelaufen und ihre Pläne, Inhalte und Deadlines für CTC-B2B-E-Invoicing-Mandate verkündet.

Um die Mehrwertsteuerlücke in Belgien in Höhe von etwa 4 Mrd. Euro im Jahr 2018 zu reduzieren (siehe VAT GAP Report 2021), hat der belgische Finanzminister Vincent Van Peteghem laut PWC die Absicht bestätigt, die elektronische B2B-Rechnungsstellung gesetzlich vorzuschreiben.

Wird das B2B-E-Invoicing-Mandat in Belgien auf Peppol basieren?

Aktuell liegen keine verbindlichen Informationen darüber vor, ob das B2B-E-Invoicing-Mandat, wenn es kommen sollte, auf dem Peppol-Standard für Interoperabilität und Dokumententypen wie z. B. „Invoice“ und „Credit Note“ basieren wird. Allerdings ist Peppol in Belgien nicht unbekannt. Bereits in 2016 wurde Belgien als sechstes Land Peppol Authority und implementierte das Interoperability-Framework. Bereits seit einigen Jahren sind nun Lieferanten verpflichtet, EN16931-konforme elektronische Rechnungen an öffentliche Auftraggeber zu senden, die an die Mercurius-Plattform angebunden sind. Im Rahmen des B2G-E-Invoicing fungiert die Mercurius-Plattform dabei für den gesamten belgischen öffentlichen Sektor als zentralisierte elektronische Poststelle. Über einen Peppol-Zugangspunkt können Lieferanten Rechnungen an die via Mercurius-Plattform angebundenen öffentlichen Organisationen in Belgien schicken. Es sind bereits beachtliche 1.145 Peppol Sender (Stand 19. November 2021) in Belgien registriert.

Vor diesem Hintergrund der sehr frühen Adoption von Peppol in Belgien und der jahrelangen Peppol-Praxis von privaten Rechnungsstellern im Rahmen des B2G-E-Invoicings – und auch freiwilligen B2B-E-Invoicings – erscheint es naheliegend, dass diese Peppol-Errungenschaft ebenso für das avisierte B2B-E-Invoicing-Mandat zur Anwendung kommen wird. Denn in Belgien kann für die Wirtschaftsakteure aktuell nur Peppol die monetären und technischen Hürden bei der Umsetzung des B2B-E-Invoicing-Mandats minimieren. Weiter werden ca. 1 Mrd. Rechnungen pro Jahr in Belgien ausgetauscht und durch Umstellung auf einen elektronischen Rechnungsstandard wie Peppol Einsparungen in Höhe von 3,5 Mrd. EUR pro Jahr erwartet – zusätzlich zu einer erwarteten Verringerung der Mehrwertsteuerlücke. Das klingt ganz nach „Win-Win“!

Zusammenfassung

Unter den EU-Mitgliedsstaaten ist Belgien im B2G-E-Invoicing über Peppol einer der Vorreiter, der nun den nächsten Schritt in Richtung eines B2B-E-Invoicing-Mandats andenkt. Dies würde neben generellen Kosteneinsparungen durch standardisiertes E-Invoicing auch Potenziale eröffnen, die Mehrwertsteuerlücke zu verringern. Gerade in Zeiten von Corona scheint ein E-Invoicing-Mandat ein attraktives Instrument gegen Umsatzsteuerkarussellbetrug und Umsatzsteuerflucht zu sein. Dies zeichnet sich in einem erst begonnenen Trend zur verpflichtenden elektronischen Rechnungsstellung im B2B-Bereich in Europa ab. Angestoßen hat diesen Trend Italien mit dem SdI-Mandat aus 2018/2019. Es ist davon auszugehen, dass andere EU-Länder in zunehmend kürzeren Abständen folgen werden. Hoffentlich kann sich Peppol in diesem CTC-Trend – zumindest in Europa – noch als Standard etablieren, so wie es beispielsweise das Peppol CTC Reference Document von September 2021 beschreibt.

Bis dahin bleibt die Herausforderung, die individuellen rechtlichen Anforderungen jedes Landes zu berücksichtigen und umzusetzen,

  1. ohne sich mit mehreren verschiedenen lokalen Providern in den jeweiligen Ländern auseinandersetzen zu müssen,
  2. dabei die verschiedenen technischen Anforderungen bei der Eingangs- und Ausgangsfakturierung zu erfüllen, wie z. B. vorgeschriebene Datenformate und Kommunikationswege,
  3. und gleichzeitig eine einfache und zuverlässige Anbindung an die jeweiligen ERP-Systeme zu gewährleisten.

Die SEEBURGER BIS E-Invoicing-Services bieten – neben einem eigenen Peppol-Service – umfangreiche Möglichkeiten, Eingangs- und Ausgangsrechnungen zu automatisieren. Dazu bietet SEEBURGER tiefe Prozessintegration in beliebige ERP-Systeme an, wie beispielsweise die nahtlose Integration von SAP S/4HANA über die SAP API Business Hub. Wir sind ein etablierter Anbieter von Cloud-Services mit langjähriger Erfahrung, wenn es darum geht, die unterschiedlichen Anforderungen in verschiedenen Ländern in der EU und anderswo zu verstehen und mit einer Lösung aus einer Hand zu erfüllen.

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Gerrit Onken

Ein Beitrag von:

Gerrit Onken ist seit 2010 bei SEEBURGER als Produktmanager für Softwareanwendungen und für den Bereich Elektronischer Datenaustausch (EDI) tätig. Seine Schwerpunkte sind Lösungen für SAP, elektronische Rechnungsstellung (E-Invoicing) und die Digitalisierung von geschäftlichen und technischen Prozessen für global agierende Kunden. Ursprünglich gelernter Bankkaufmann, absolvierte Gerrit Onken ein Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Industriemanagement und Wirtschaftsinformatik. Nach seiner Tätigkeit in der Finanzbranche arbeitete er von 2004 bis 2010 als Manager und Projektleiter bei einer der fünf größten Unternehmensberatungen mit internationalen BPOs in der Banken- und Automobilbranche.